Mittwoch, 17. Juli 2013

Transalp 2013 - Tag3: Schneeberghütte - Timmelsjochstraße, Moos im Passeiertal, Pfelders, Lazinser Alm, Stettiner Hütte, Eisjöchl, Eishof



Heute steht uns das 'Dach' unserer heurigen Tour bevor - das 2900 Meter hohe Eisjöchl. Ich stehe sehr früh auf und nutze die Gelegenheit gleich ein paat Fotos in der Morgenstimmung zu machen. Die Schneeberghütte ist wirklich ein genialer Ort. Es bimmelt so laut, weil all die Kühe die auf den Almen rund um die Hütte grasen eigene Glocken umgehängt haben. Wir haben am Abend schon Angst gehabt, dass wir bei dem Lärm nicht schlafen werden können - aber auch die Kühe wollen einmal eine Ruhe, also war es in der Nacht absolut still (bis auf einen gelegentlichen Schnarcher vielleicht...).




















Nach einem ausgiebigen Frühstück (mit Müsli, Wurst und Käse - für eine Hütte auf jeden Fall fürstlich!) verabschieden wir uns von der Traumkulisse des Schneebergs (das ist der komplett weiße Berg, der aus den anderen Bergen auf den Fotos so hervorsticht!) und radeln auf einem SUPERTRAIL in Richtung Tal. 











Dieser Downhill tut meinem Ego gut - ich fahre alles, Jakob vieles, Luki schiebt immer wieder einmal. Es macht auch einfach nur Spaß mit dem Bike um enge Kurven zu zirkeln, über kleine Felsen zu springen - eine absolut flowige Abfahrt in einer Traumkulisse...




Irgendwann kommen wir an einer Straße an - die Timmelsjochstraße - und schon bald sieht man auch die Passstraße die sich von diesem Berg herunterschlängelt.





Wir folgen dem Track von Guru Achim und rollen nicht auf der Straße sondern dem Fluss entlang bis Moos im Passeiertal. Auf dem Weg dorthin durchschreiten wir 2 komplett vergitterte Schleusen - jeweils mit eigener Eingangs und Ausgangstür und mit Videoüberwachung!! Auf einem Schild entdecken wir, dass hier wohl ganz besonderes Wild in einem Gehege gehalten wird und das eigentlich direkt im Ort... Bei unserer Abfahrt von der Schneeberghütte haben wir fast 1400 Höhenmeter am Stück 'vernichtet', sodass wir nach unserer kurzen Pause in Moos - inklusive Kurzeinkauf im Konsum - genau 2000 Höhenmeter aufwärts vor uns haben, bis wir am Eisjöchl ankommen... Das deprimiert irgendwie schon ein bisschen, auch wenn die Kulisse hier überall sehenswert ist. 










In Pfelders haben wir immerhin schon knapp 700 Höhenmeter auf kleinen Asphaltsträßchen absolviert. Ab hier geht es noch einmal 200 Höhenmeter auf einem wunderschönen und perfekt fahrbaren Schotterweg bis zur Lazinseralm. Hier kann man so richtig Tempo machen und wir rollen an unglaublich vielen Wanderern vorbei, von denen uns einige auch richtig toll anfeuern als ob wir beim Giro unterwegs wären - auch einmal ein nettes Gefühl ;-)









Auf der Lazinseralm wird noch einmal nachgetankt und etwas durchgeschnauft - immerhin stehen uns jetzt noch 1000 Höhenmeter Fahrradschieben bevor. Die Bewirtung ist sehr nett - so brechen wir schließlich gut gestärkt auf. Anfangs geht es immer angenehm dahin auf dem alten Alpiniweg. Die Steigung ist ok und man macht ziemlich schnell Höhenmeter. Jakob ist bald so weit vorne, dass ich ihn erst auf der Stettinerhütte wiedersehe. Luki ist knapp vor mir - bis zur Hütte hängt er mich aber auch um 10 Minuten ab. 





Irgendwann wird es ziemlich unangenehm steil, sodass das Schieben auch nicht mehr so wirklich lustig ist - genau an dieser Stelle mit sehr vielen Serpentinen kommen uns 4 Biker entgegen. 2 von ihnen waren wirklich gute Downhiller und sind richtig runtergeschnitten - 2 waren eher ängstlich und haben sich ziemlich runtergefürchtet... Irgendwann in dieser Steigung ist dann die Materialseilbahn von der Hütte über mich hinweggesurrt - die Vorstellung da einfach mein Bike reinzustellen erscheint mir wie das Paradies...


Guru Achim schreibt in seinem Buch, dass es weiter oben dann ziemlich trostlos aussieht. Das finde ich nicht und mir wird auch bald klar wieso: heuer hat es so viel geschneit, dass fast die ganze Landschaft - aber leider sehr oft auch der Weg - von Schnee bedeckt ist. Anfangs freue ich mich noch über den Anblick - vor allem beim schön ausgeschaufelten Weg, der durch das erste Schneefeld durchführt.








Nur mehr knapp 150 Höhenmeter vor der Hütte taucht plötzlich Luki wieder vor mir auf, obwohl ich öfters mal pausiert, fotografiert und ein bisschen getrödelt habe. Er ist am Ende eines ziemlich langen, schrägen Schneefeldes, das ich noch überqueren muss. Hier beginnt dann die wirkliche Plagerei. Das Schneefeld hängt extrem sodass einem entweder das Rad nach unten wegrutscht oder - wenn man es oberhalb versucht zu schieben/tragen - es einem immer wieder in die Wadeln rutscht. Bei so einer Wadelrutschaktion habe ich mir auch gleich in einen meiner neuen Kompressionsstrümpfe (die bescheuert aussehen, aber absolut genial zu tragen sind!)  ein schönes kettenölverschmiertes Loch gezupft. Die Schuhe sind sowieso bald einmal nass, der Puls rast, das Rad wird schwerer und schwerer, das blöde Schneefeld nimmt kein Ende und die Hütte kommt auch nicht näher... Ich war so ko - dass ich nicht einmal mehr ein Foto von diesem Abschnitt gemacht habe... Mein Höhenmesser zeigt nach dem Schneefeld noch etliche Höhenmeter zur Hütte an, doch glücklicherweise irrt er sich - gleich nach dem Schneefeld geht es noch einmal um die Ecke und Schwupps - ganz plötzlich steht man vor der Hütte. Gleich einmal eine Suppe und einen Radler bestellt und schnell sind die ganzen Mühen beim Hochschleppen des Rades wieder vergessen. Wir scherzen noch mit ein paar Wanderern darüber, wie lustig es doch ist sein Fahrrad rauf und dann auf der anderen Seite wieder runter zu tragen... Ich wäre wahrscheinlich deutlich weniger fröhlich gewesen, wenn ich gewusst hätte wie viele Höhenmeter ich mein Rad tatsächlich bergab tragen werde.



Von der Hütte müssen wir gleich noch ein Schneefeld queren und das vor den Augen von allen Leuten auf der großen Hüttenterasse... Es geht aber recht flott, weil der Weg schön ausgetrampelt ist und das Rad relativ leicht zu schieben / tragen.







Die 2 Schneefelder hinunter vom Eisjöchl sind schnell überwunden - sie hängen nicht seitlich weg und sind so relativ angenehm zu überqueren. Bald apert es aus und der Weg wird sichtbar. Ich schwinge mich bei der ersten Gelegenheit auf mein Bike - jetzt kommt ja der von mir schon lange herbeiersehnte Eisjöchl-Downhill von 2900 auf 400 Meter hinunter. Ich freue mich wie ein kleines Kind und bin bald weit vor den beiden anderern, die ihre Räder zumeist noch schieben. Kurz warten wir auf ca. 2600Hm zusammen und weiter geht es auf dem immer besser zu fahrenden Weg. Ich sause dahin - bin richtig stolz über die verschiedenen Hindernisse, die ich mehr oder weniger elegant meistere. Bei einer der zahlreichen Querrillen mache ich wieder einen Bunnyhop(ser), doch leider knallt mein Hinterrad an einen der aufgestellten Steine. Kurz danach muss ich stehenbleiben - ich habe mir einen Snakebite einfangen. Kein Problem - ich montiere das Laufrad ab - tausche den Schlauch mit einem meiner beiden Ersatzschläuche und beginne zu pumpen. Vor der Tour habe ich noch einmal Pumpe getauscht, weil meine neue nicht so richtig funktioniert hat. Ein Fehler - wie sich herausstellen sollte. Ich bekomme maximal 1 Bar in den Schlauch, dann hört man ein schönes Pfeifen und genauso viel Luft wie ich reinpumpe kommt auch wieder raus... Naja - kein Problem habe ja noch einen Ersatzschlauch... dasselbe Spielchen noch einmal - Schlauch getauscht, gepumpt - nix... Es beginnt zu regnen, wird immer düsterer und schließlich hagelt es auch noch ein bisschen. Alle Versuche genügend Luft in den Schlauch zu bringen, um doch noch weiterfahren zu können sind vergeblich. Mir ist zum Heulen, gerade auf diesen Downhill habe ich mich wirklich gefreut. So bleibt nichts anderes über als das Rad bis zur nächsten Hütte zu schieben. Luki und Jakob rennen vorne weg - auch sie schieben ihre Räder. Bald habe ich hinten wieder einen völligen Platten, sodass ich mein Rad tragen muss um die Felge nicht komplett zu beschädigen. Ich sehe Luki und Jakob auf ihre Räder steigen und einfach ins Tal davonbrausen. So marschiere ich im Regen bzw. leichten Hagel dahin und ärgere mich ziemlich. Einerseits, weil der Trail so genial zu fahren wäre und andererseits weil die beiden - ohne ein Wörtchen zu sagen - einfach runterfahren. Dass sie den Trail fahren wollen, verstehe ich ja absolut. Wo wir uns wieder treffen ist absolut unklar und ich finde es wäre gut, vielleicht etwas zusammenwarten. Mir könnte ja auch etwas passieren und dann würde ich einige 100 Höhenmeter oberhalb der nächsten Hütte alleine im Regen liegen... Keine sehr ermutigende Vorstellung.
Insgesamt habe ich dann von ca. 2550 Hm bis hinunter zum Eishof auf knapp über 2000 Höhenmeter mein Fahrrad getragen. Dazu noch die 200Hm direkt vom Eisjöchl herunter. Nicht einmal der Name des Passes auf Italienisch (Passo Gelato) kann mich da noch wirklich aufmuntern. Ich war so sauer, dass ich auch keine Fotos gemacht habe - weil ich mir gedacht habe, dass ich später nicht sehen will, wo ich absolut cool runterfahren hätte können. Als Draufgabe steht dann mitten in meiner Trageaktion eine Kuh breit und quer auf dem Weg, der genau da so schmal ist, dass man nicht an ihr vorbeikommt. Ich rede ihr zu, ich klopfe ihr sogar auf die Seite, der Kuh ist das alles egal. Sie kann ja nicht sprechen, aber irgendwie habe ich sie ganz laut denken gehört: 'Net dei Tog heit, Oida!?'. So klettere ich vom Weg mit geschultertem Rad über eine kleine Steinwand nach unten, umtrage die Kuh und klettere ein paar Meter weiter wieder auf den Weg. Es war wirklich nicht mein Tag heute...

Auf der Hütte angekommen scheint den beiden anderern mein Schicksal auch relativ egal zu sein. So gehe ich - verschwitzt und verärgert - und frage in der Hütte, ob sie eine ordentliche Pumpe haben. Sie haben - so baue ich den kaputten Schlauch aus, pumpe alle 3 kaputten Schläuche auf, suche die Löcher in einem Wassertrog. Dann klebe ich die Schläuche, wobei mir dann endlich die anderen beiden auch helfen. Die Wirtin will schon unser Essen servieren, weil sie später nicht mehr kochen will. Ich will aber erst ein halbwegs funktionstüchtiges Rad haben, bevor ich was esse und dann im Finstern an meinem Rad herumbasteln muss. So klebe ich die Schläuche, pumpe und baue schließlich - immer noch absolut verschwitzt und nicht umgezogen oder geduscht - einen der Schläuche in mein Rad ein. Ich habe eine ordentliche Delle am Laufrad entdeckt, die auch etwas spitz ist - da scheinen die beiden anderen Schläuche kaputt gegangen zu sein. Ich klebe etwas Leukoplast drüber - das hilft hoffentlich. Der geklebte Schlauch scheint dann auch zu halten - und ich ärgere mich immer noch über die Pumpe, die ich extra vor der Tour noch ausprobiert habe. Jakob und Luki haben zu diesem Zeitpunkt schon gegessen - ich ziehe mich schnell um - die Dusche ist leider besetzt - und esse meine schon relativ kalten Spaghetti....




Nach diesem anstrengenden Tag wird es überraschenderweise dann doch noch ein recht netter und geselliger Abend. Wir treffen ein Schweizerisch/Deutsches Mountainbikerpärchen, die ziemlich fit ausschauen (ich habe bis jetzt den Verdacht, dass sie eine ehemalige deutsche MTB-Fahrerin war - sie hat gar so durchtrainiert ausgeschaut..) Wir lachen recht, weil jeder so seine Bikergeschichten erzählt. Die beiden wollen am nächsten Tag auch übers Eisjöchl, aber von dieser Seite aus und fragen uns nach unserer Meinung. Auch dabei wurde viel gelacht, weil sie deutlich mehr Begeisterung fürs Fahrradtragen zu haben schien als er...
Passend zum Tag hatte ich dann dafür eine absolut schreckliche Nacht. Die Hütte ist eng, ich liege am Gang in einem Bett und glücklicherweise nicht im Lager, dafür ist die Luft so trocken, dass ich so gut wie nichts schlafe. Immer wieder wache ich auf, wenn ich überhaupt eingeschlafen bin, stehe auf und trinke etwas Wasser. Es hilft alles nichts - in der Früh stehe ich absolut gerädert auf und kann mir nicht vorstellen irgendwohin zu radeln...

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